Die Essama Story

Dekolonisierung der Stadt (2013-heute)

1
1

In meiner Stadt Douala gibt es ziemlich viele Denkmäler für Franzosen, aber eigentlich fast keine für uns …

1
1

… und genau das will Essama ändern …

André Blaise Essama wurde 1976 in Ndougué in Kamerun geboren: Nach seinem Studium beginnt er mit verschiedenen Aktionen auf das koloniale Stadtbild aufmerksam zu machen. Oft fährt er mit dem Fahrrad oder dem Motorrad und der Flagge Kameruns durch die Stadt und spricht über ein Megafon zur Bevölkerung.

Besonders stört ihn die Statue des General Philippe Leclerc. Der französische General kam 1940 nach Kamerun, um Soldat*innen zu rekrutieren. Häufig wurden die Soldat*innen zwangsrekrutiert und viele Tausende von ihnen starben im Krieg an der französischen Front.

Besonders stört ihn die Statue des General Philippe Leclerc. Der französische General kam 1940 nach Kamerun, um Soldat*innen zu rekrutieren. Häufig wurden die Soldat*innen zwangsrekrutiert und viele Tausende von ihnen starben im Krieg an der französischen Front.

Seit 2013 hat Essama der Statue Leclerc deshalb sieben Mal den Kopf abgehauen. Mit dem abgeschlagenen Kopf zieht er jedes Mal durch die Stadt, fotografiert und filmt sich mit ihm. Die Fotos und Videos verbreitet er über die sozialen Medien.

Seit 2013 hat Essama der Statue Leclerc deshalb sieben Mal den Kopf abgehauen. Mit dem abgeschlagenen Kopf zog er jedes Mal durch die Stadt, fotografiert und filmt sich mit ihm. Die Fotos und Videos verbreitet er über die sozialen Medien.

Aber nicht nur die kolonialen Denkmäler gehören, wenn es nach Essama geht, abgerissen. Auch Straßen, die nach französischen Persönlichkeiten benannt sind, sollen weg…

Charles de Gaulles war von 1959 bis 1969 französischer Präsident. Ab 1954 führte Frankreich einen Krieg mit Folter, Bombardierungen und Masseninhaftierungen gegen die kamerunische Unabhängigkeitsbewegung UPC (Union der Völker Kameruns).

Aber nicht nur die kolonialen Denkmäler gehören, wenn es nach Essama geht, abgerissen. Auch Straßen, die nach französischen Persönlichkeiten benannt sind, sollen weg…

Charles de Gaulles war von 1959 bis 1969 französischer Präsident. Ab 1954 führte Frankreich einen Krieg mit Folter, Bombardierungen und Masseninhaftierungen gegen die kamerunische Unabhängigkeitsbewegung UPC (Union der Völker Kameruns).

Die Partei UPC wurde 1948 gegründet. Sie war die erste große Oppositionspartei, die das koloniale System offen bekämpfte. 1955 wurde die UPC von der französischen Kolonialmacht verboten. Bis 1965 wurden zehntausende UPC Sympathisant*innen von der französischen und nach der Unabhängigkeit von der kamerunischen Armee getötet.

Die Partei UPC wurde 1948 gegründet. Sie war die erste große Oppositionspartei, die das koloniale System offen bekämpfte. 1955 wurde die UPC von der französischen Kolonialmacht verboten. Bis 1965 wurden zehntausende UPC Sympathisant*innen von der französischen und nach der Unabhängigkeit von der kamerunischen Armee getötet.

Denn tatsächlich traf die französische Kolonialmacht nach der Unabhängigkeit des Landes 1960/61 Vereinbarungen mit der von ihr ausgebildeten kamerunischen Elite, um Frankreichs wirtschaftliche Interessen und politischen Einfluss aufrechtzuerhalten. Für die UPC war Ahmadou Ahidjo, der erste Präsident Kameruns, nur eine Marionette der französischen Kolonialmacht und somit eine Fortsetzung des Kolonialregimes.

1884-1916 Deutsche Kolonisation

1919-1960 Französisch/Britische Besetzung

1960 Unabhängigkeit Französischsprachiger Teil Kameruns
1961 Unabhängigkeit Englischsprachiger Teil Kameruns

1884-1916 Deutsche Kolonisation
1919-1960 1884-1916 Französisch / Britische Besetzung
1960 Unabhängigkeit Französischsprachiger Teil Kameruns
1961 Unabhängigkeit Englischsprachiger Teil

Die französische Kolonialmacht traf nach der Unabhängigkeit des Landes 1960/61 Vereinbarungen mit der von ihr ausgebildeten kamerunischen Elite, um Frankreichs wirtschaftliche Interessen und politischen Einfluss aufrechtzuerhalten. Für die UPC war Ahmadou Ahidjo, der erste Präsident Kameruns, nur eine Marionette der französischen Kolonialmacht und somit eine Fortsetzung des Kolonialregimes.

Essama will, dass die UPC-Mitglieder von damals und ihre Geschichten in kamerunischen Städten sichtbar sind.

Essama will, dass die UPC-Mitglieder von damals und ihre Geschichten in kamerunischen Städten sichtbar sind.

Ernest Ouandié (1924-1971)
Der Gymnasiallehrer Ernest Ouandié war ab 1952 Vizepräsident der Oppositionspartei UPC – Union der Völker Kameruns. 1957 wurde er vom britischen Kolonialregime ins Exil verbannt. Nach der Unabhängigkeit Kameruns 1961 kehrte er heimlich ins Land zurück, wurde Chef der Befreiungsarmee und führte bis Anfang der siebziger Jahre einen Guerillakrieg gegen die Regierung. Am 15. Januar 1971 wurde Ernest Ouandié in Bafoussam öffentlich hingerichtet.

Ernest Ouandié (1924-1971)
Der Gymnasiallehrer Ernest Ouandié war ab 1952 Vizepräsident
der Oppositionspartei UPC – Union der Völker Kameruns. 1957 wurde er vom britischen Kolonialregime ins Exil verbannt. Nach der Unabhängigkeit Kameruns 1961 kehrte er heimlich ins Land zurück, wurde Chef der Befreiungsarmee und führte bis Anfang der siebziger Jahre einen Guerilla -Krieg gegen die Regierung. Am 15. Januar 1971 wurde Ernest Ouandié in Bafoussam öffentlich hingerichtet.

Jetzt bist du gefragt!

Hast du davon schon mal was gehört?

Was versteht man unter FrancAfrique?
Was ist der FCFA?
Was versteht man unter kollektivem Gedächtnis?

Du willst es genau wissen?

  • ab 1919

    Françafrique

    Von 1919 bis 1960 gehörte der größte Teil Kameruns dem französischen Kolonialgebiet an. Viele der ehemaligen französischen Kolonien stehen noch heute in einem besonderen Abhängigkeitsverhältnis zu Frankreich. Diese politische Einflusssphäre Frankreichs wird allgemein als Françafrique bezeichnet. Das Konzept Françafrique geht zurück auf Charles de Gaulle, der ab 1962 aktiv die französische Einflussnahme in den ehemaligen Kolonien ausbaute. Im Austausch für militärisch-politischen Schutz und finanzielle Sonderleistungen erhielten französische Unternehmen oftmals Zugang zu Ressourcen afrikanischer Länder. Zudem beteiligte sich die französische Regierung in den folgenden Jahrzehnten unter anderem an Wahlmanipulationen, politischen Putschversuchen und militärischen Geheimoperationen. Französische Berater spielen eine entscheidende Rolle in vielen Ministerien der ehemaligen französischen Kolonien. Die französische Politik der Françafrique dauert bis in die Gegenwart an. Viele Staatsoberhäupter der Länder des französischen Einflussgebiets halten sich mit französischer Unterstützung an der Macht.

     

    ab 1919

  • 1945

    FCFA

    Um die Politik, Wirtschaft und Ressourcen seiner 14 Kolonien in Zentral- und Westafrika besser zu kontrollieren, schuf Frankreich 1945 den CFA-Franc (Franc des Colonies Françaises d’Afrique). Diese Währung war zunächst an den französischen Franc gekoppelt. Heute besteht ein fixer Wechselkurs zwischen dem FCFA und dem Euro. Der togolesische Ökonom Kako Nubukpo ist überzeugt, dass dieser fixe Wechselkurs die wirtschaftliche Entwicklung stark einschränke und für eine mangelnde Wettbewerbsfähigkeit der afrikanischen Länder sorge. 50% des Geldes liegt zudem als Reserve in der französischen Nationalbank. Auf dieses Geld haben die Länder der CFA-Zonen keinen Zugriff und können es beispielsweise nicht für Kredite nutzen.

     

    1945

  • Kollektives Gedächtnis

    Als kollektives Gedächtnis bezeichnet man die gemeinsame Erinnerungsleistung einer sozialen Gruppe oder einer ganzen Gesellschaft. In den 1920er-Jahren wies der Soziologe Maurice Halbwachs darauf hin, dass es neben den persönlichen Erinnerungen auch ein kollektives Gedächtnis gibt. Dieses beruht auf den gemeinsamen Erinnerungsnarrativen einer Gesellschaft und ist somit zentral für deren Selbstbild. Allerdings unterliegt nicht zuletzt das kollektive Gedächtnis einem Verdrängungsprozess, in dem negative Erinnerungen- wie etwa Kriegsverbrechen -ausgeklammert werden. So spielt in der deutschen Erinnerungskultur etwa die eigene Kolonialvergangenheit bis heute eine untergeordnete Rolle. Deshalb setzen sich Initiativen wie Berlin Postkolonial aktiv für einen kritischen Umgang mit dem Erinnerungsnarrativ des kolonialen Erbes ein.

     

Essama setzt sich auch dafür ein, dass wichtige Persönlichkeiten der kamerunischen Geschichte in Douala durch neue Denkmäler geehrt werden. Eines seiner wichtigsten Anliegen ist die Ehrung des kamerunischen Politikers John Ngu Foncha.

Essama setzt sich auch dafür ein, dass wichtige Persönlichkeiten der kamerunischen Geschichte in Douala durch neue Denkmäler geehrt werden. Eines seiner wichtigsten Anliegen ist die Ehrung des kamerunischen Politikers John Ngu Foncha.

John Ngu Foncha (1916-1999) war ein kamerunischer Politiker. Nach der Unabhängigkeit des Landes 1961, hat er sich um die Wiedervereinigung des englisch- und französischkolonialisierten Kameruns bemüht und sich für die Rechte der englischsprachigen Minderheit eingesetzt.

John Ngu Foncha (1916-1999) war ein kamerunischer Politiker. Nach der Unabhängigkeit des Landes 1961, hat er sich um die Wiedervereinigung des englisch- und französischkolonialisierten Kameruns bemüht und sich für die Rechte der englischsprachigen Minderheit eingesetzt.

Die englischsprachige Minderheit im Süd- und Nordwesten wird bis heute in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens diskriminiert. Seit November 2016 kommt es deshalb zu Protesten. Die Regierung schlägt die friedlichen Demonstrationen jedoch  gewaltsam nieder. 2017 ruft daraufhin eine Gruppe Separatist*innen die Republik „Ambazonien“ aus. Zwischen dem kamerunischen Militär und den Separatist*innen kommt es seitdem immer wieder bewaffneten Kämpfen.

Foncha sprach zu dem Problem bereits 1994 im kamerunischen Parlament.

Die englischsprachige Minderheit im Süd- und Nordwesten wird bis heute in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens diskriminiert. Seit November 2016 kommt es deshalb zu Protesten. Die Regierung schlägt die friedlichen Demonstrationen jedoch  gewaltsam nieder. 2017 ruft daraufhin eine Gruppe Separatist*innen die Republik „Ambazonien“ aus. Zwischen dem kamerunischen Militär und den Separatist*innen kommt es seitdem immer wieder bewaffneten Kämpfen.

Foncha sprach zu dem Problem bereits 1994 im kamerunischen Parlament.

Für sein Projekt einer Statue Fonchas in Douala versuchte Essama die Stadtverwaltung zu gewinnen. Doch sie unterstütze seine Bemühungen nicht. Deshalb stellte er 2016 ohne Genehmigung eine Statue von John Ngu Foncha an einer großen Kreuzung in Douala auf. Die Polizei zerstörte die Staue von John Ngu Foncha und schleifte sie weg.

Für sein Projekt einer Statue Fonchas in Douala versuchte Essama die Stadtverwaltung zu gewinnen. Doch sie unterstütze seine Bemühungen nicht. Deshalb stellte er 2016 ohne Genehmigung eine Statue von John

Ngu Foncha an einer großen Kreuzung in Douala auf. Die Polizei zerstörte die Staue von John Ngu Foncha und schleifte sie weg.

Für seine Aktionen musste Essama bereits mehrere Male ins Gefängnis. Doch das hält ihn nicht davon ab weiterzumachen.

Für seine Aktionen musste Essama bereits mehrere Male ins Gefängnis. Doch das hält ihn nicht davon ab weiterzumachen.

YouTube Video auf dem Kanal von Initiative Perspektivwechsel e.V.
Bitte beachten: Mit Klick auf den Play-Button, wird eine Verbindung zu YouTube/Google als Drittanbieter aufgebaut und es werden Informationen übermittelt auf die wir keinen Einfluss haben.

Auch in Deutschland setzen sich viele Menschen für die Dekolonialisierung von Städten ein. In dem Video sprechen zwei Aktivist*innen aus Berlin und Potsdam. Das Video beginnt und endet mit Ausschnitten aus dem Musikvideo “Spuren der Kolonialzeit” des Berliner Rappers Matondo.

1
1

Was denkst du?

Wie sollte mit Denkmälern aus der Kolonialzeit umgegangen werden?

4 Kommentare
  1. Fama sagte:

    Je suis d’accord avec ce fait (mettre les monuments des colons des les musées) néanmoins il faut noter que l’aliénation des peuples autochtones a commencé par la religion au détriment de nos valeurs ancestrales,par conséquent le vrai combat c’est le retour aux sources.

    (Ich fände es okay, Kolonialdenkmäler weg zu machen und ins Museum zu stellen. Ich möchte dennoch anmerken, dass die Entfremdung der einheimischen Bevölkerung zu ungunsten unserer traditionellen Werte mit der Religion begonnen hat. Daher liegt der Kampf darin, sich unsere Wurzel wieder anzueignen.)

    Antworten
  2. HOOO HAAA sagte:

    On doit les mettre dans un musée…il faut les enlever sur la place publique rapidement

    (Denkmäler müssen unbedingt weg von der Straße und ins Museum gestellt werden.)

    Antworten

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Bitte beachte: Wir wünschen uns Beiträge, die eine Bereicherung der Diskussion darstellen, und ein angenehmes Diskussionsklima, in dem Meinungsvielfalt respektiert wird. Wir akzeptieren keine diskriminierenden Äußerungen und werden diese wieder löschen. Außerdem behalten wir uns vor, Kommentare zu löschen, die nicht auf die Frage antworten, sich wiederholen, unverständlich, zusammenhanglos und nicht weiterführend sind.